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Aggressionen

Wann werden Aggressionen als Störungen des Sozialverhaltens bewertet?

Wut und aggressives Verhalten sind immer wieder eine große Herausforderung im pädagogischen Alltag sowohl für Eltern als auch Fachpersonal in der Kita oder Schule.

Was steckt hinter diesen Gefühlen und ihrem verhaltensmäßigen Ausdruck?

Wut als Gefühl hilft dem Menschen, seine eigene Grenze deutlich aufzuzeigen und Veränderung anzustreben. Es ist ein Signal, was zudem genutzt wird, um dem Gegenüber mitzuteilen, dass eine Kränkung stattgefunden oder eine „unangemessene Forderung“, wie es der Psychologe Manfred Cierpka nennt. Diese Energie erzeugt eine notwendige Distanz und hilft dem Menschen, sich selbst zu schützen.

Aggressionen geben dem Menschen, ähnlich wie Wut, eine Kraft, die - ausgelöst durch einen starken Willen - ein bestimmtes Ziel erreichen will. Zudem kann der Mensch durch die erzeugte Aggression die eigenen Bedürfnisse und Interessen ausdrücken. Im Unterschied zur Wut zielt aggressives Verhalten häufig darauf ab, einer Person zu schaden oder sie zu verletzen. Aggression kann das Zerstören von Gegenständen bis hin zu körperlichen oder verbalen Angriffen gegenüber anderen Personen sein. Aggression kann sich auch gegen sich selbst richten. Provokation und oppositionelles Verhalten gelten auch bereits als Aggression.

Aggressives Verhalten kommt bei nahezu allen Kindern im Verlauf ihrer Entwicklung vor. Es ist deshalb völlig normal, dass Kinder Wut und auch aggressives Verhalten zeigen. Liegt bei Kindern und Jugendlichen über längere Zeit regelmäßiges und massives aggressives und rebellisches Verhalten vor, so wird dies im medizinischen und psychischen Bereich "Störung des Sozialverhaltens" genannt.

Welche Formen von Aggressionen gibt es?

Unterscheiden lassen sich die reaktive und proaktive Aggression:

Reaktive Aggression

  • tritt unmittelbar und impulsiv als Folge einer Bedrohung auf

  • ist nicht auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet

  • ist eher der Versuch, die Angst und Frustration zu verringern

  • ist von starken Ärger- und Anspannungsgefühlen begleitet

  • Mögliche Auslöser liegen:

    • in einer Frustration von Bedürfnissen

    • in der mangelnden Fähigkeit, mit Gefühlen angemessen umzugehen.

    • in einem eingeschränkten Verhaltensrepertoire: Kinder oder Jugendliche kennen Wut als einzige Reaktion, um sich auszudrücken.


Proaktive Aggression

  • ist ein Mittel, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, wie z. B. Erlangen von Macht über andere Menschen, Ansehen oder Anerkennung

  • wird von angenehmen Gefühlen, wie Lust und Spaß, begleitet; wird von einem
    geringen Anspannungsgefühl begleitet.

  • Mögliche Auslöser liegen:

    • im Wunsch nach Anerkennung und Ansehen in der Gruppe

    • in einer positiven Lernerfahrung, das heißt: Kinder oder Jugendliche haben Erfolg mit ihrem Verhalten und erhalten Anerkennung.


Wie häufig tritt eine Sozialverhaltensstörung auf?

Fast alle Jugendlichen zeigen einmalig delinquentes Verhalten. Die Angaben für eine Sozialverhaltensstörung schwanken sehr stark. Je nach Studienergebnis weisen zwei bis 16 % aller Jugendlichen einmal in ihrem Leben eine Sozialverhaltensstörung auf. Aggressionen und oppositionelles Verhalten treten doppelt so häufig bei Jungen im Vergleich zu Mädchen auf.

Woran erkenne ich eine Störung des Sozialverhaltens?

Es ist wichtig zu wissen, dass Wutanfälle und körperliches Aggressionsverhalten zur Entwicklung des Kindes dazugehören. Menschen mit einer Sozialverhaltensstörung verstoßen hingegen deutlich gegen allgemeine soziale Normen und Werte. Diese Verhaltensweisen treten mindestens über einen Zeitraum von sechs Monaten auf.

Eine Störung des Sozialverhaltens ist z. B. charakterisiert durch:

  • ein deutliches Maß an Ungehorsam, Streiten oder Tyrannisieren wie z. B. Bedrohung anderer Menschen, physische Gewalt, Benutzung von Waffen

  • ungewöhnlich häufige oder schwere Wutausbrüche

  • Grausamkeit gegenüber anderen Menschen oder Tieren z. B.: Tiere quälen

  • zündeln

  • stehlen

  • Zerstörung fremden Eigentums

  • häufiges Lügen

  • Schule schwänzen

  • von zu Hause weglaufen und über Nacht wegbleiben z. B. in jungem Alter

Was kann ich tun?

Auch wenn aggressive Verhaltensweisen bis zu einem gewissen Grad normal sind, ist es wichtig, das Verhalten nicht zu tolerieren, sondern Grenzen aufzuzeigen. Eltern und andere Bezugspersonen können Kinder und Jugendliche unterstützen und vorbeugend handeln, um aggressives Verhalten zu lindern.

Bei aggressivem Verhalten von Kindern können Eltern vorbeugend als auch in der Situation Folgendes tun:

  • Bedürfnissen Raum geben, das heißt, eine Umgebung für Kinder schaffen, in der sie sich frei von Verboten bewegen können

  • Aktiv reagieren und Präsenz bei aggressiven Verhalten zeigen

  • „Nein“ sparsam einsetzen und für Situationen aufsparen, die ihr Kind oder andere gefährdet

  • Regeln klar definieren, unklare oder widersprüchliche Regeln reduzieren

  • Regeln konsequent umsetzen

  • Positives Verhalten belohnen durch z. B. Zuwendung, Aufmerksamkeit, Punktesystem etc.

  • auf körperliche oder verbale Gewalt absolut verzichten

Hilfreiche Tipps zum Umgang mit aggressiven Kindern erhalten Sie auf der Internetseite des AOK Gesundheitsmagazins und im Auszug: Handbuch zum gewaltlosen Widerstand: Eine Anleitung für Eltern, der aus dem Buch "Von der Autorität durch Beziehung" der Autoren Haim Omer und Arist von Schlippe stammt.

Wenn Sie feststellen, dass Ihr Kind langanhaltende Wutausbrüche, oppositionelles Verhalten oder Ähnliches über einen längeren Zeitraum zeigt, können Sie zuerst mit Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin darüber sprechen. Gegebenenfalls stellt die Praxis eine Überweisung für Fachärztinnen oder Fachärzte oder für Therapeutinnen oder Therapeuten aus.

Hilfe vor Ort erhalten Sie auch auf direktem Wege bei weiteren Therapeutinnen und Therapeuten für Erwachsenen- oder Kinder- und Jugendpsychotherapie. Auch psychosoziale Beratungsstellen bieten Ihnen die Möglichkeit, sich kostenfrei und direkt Informationen und Beratung einzuholen.

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